Jahreshauptversammlung 2018

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen

Baseball: Nur ein Jahr nach dem Aufstieg in die Verbandsliga kämpfen die Sindelfingen Squirrels um das Überleben des Vereins

In weniger als einem Monat ist Saisonstart für die Baseballer der Sindelfingen Squirrels. Das Problem: Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch keine Mannschaft. Nur ein Jahr nach dem Aufstieg von der Landesliga in die Verbandsliga kämpft der Verein in diesen Tagen ums Überleben.
Von Eddie Langner


Mit freundlicher Genehmigung der Kreiszeitung Böblinger Bote.
Foto: Hahn/Eibner; Montage: Kornelije Casni

SINDELFINGEN. Entscheidend ist, ob Vereinschef Michael Renz und sein Vorstandsteam es bis spätestens 29. April schaffen, genügend Spieler für eine Bezirksligamannschaft zusammenzubekommen. Das ist die unterste Spielklasse, in der in Baden-Württemberg Baseball gespielt wird. Nach einer hoffnungsvoll gestarteten Verbandsligasaison im Vorjahr bedeutet diese Entwicklung einen bitteren Rückschlag für den Verein. Zumal dieses Jahr auch keine Nachwuchsmannschaften mehr gemeldet sind.

Wie konnte es soweit kommen? Diese Frage stellte sich auch die Handvoll Vereinsmitglieder, die diese Woche zur Jahreshauptversammlung im Schwarzwaldvereinsheim gekommen waren. „Wie eine Aufstiegsmannschaft
so komplett auseinanderbrechen kann – so etwas habe ich wirklich noch nie erlebt“, schüttelt Chris Laimer den Kopf. Der 31-Jährige war Spielertrainer der Verbandsliga-Baseballer. In seinem Rückblick auf die vergangene Saison versucht er zu erklären, was er selbst nicht ganz begreift: „Wir sind sehr gut in die Saison gestartet, haben Nagold geschlagen. Die Spielen dieses Jahr 2. Bundesliga.“ Danach sei es aber immer schwerer geworden, ausreichend Spieler für eine Mannschaft zusammenzutrommeln.
Ein Nachholspiel nach Saisonende gegen die Freiburg Knights war deswegen gar nicht mehr zustandegekommen.

„Die Jungen wollen sich nicht mehr committen“

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Neben einer extremen Verletzungsmisere sind es vor allem die zahlreichen Abgänge von Leistungsträgern zu Ligakonkurrenten. Allein zum Bundesliga-Club Stuttgart Reds sind in den letzten 15 Jahren rund 20 Spieler gewechselt. Auch Chris Laimer verlässt seinen Heimatverein und spielt künftig bei den Nagold Mohawks.

Ein weiteres Problem ist aus seiner Sicht, dass die jungen Spieler sich nicht mehr
„committen“ wollen. Im für Baseballer typischen Deutsch-Englisch-Mix spricht Laimer
damit das fehlende Engagement beim Nachwuchs a n. Völlig daneben liegt er mit dieser Einschätzung wohl nicht: In seinem Bericht klagt der Jugendtrainer und zweite Vorsitzende Martin Zeller über desolaten Trainingsbesuch und erzählt, wie er zu manchenSpielen mit nur fünf bis sechs Junioren fahren musste, um keine  Verbandsstrafe zu kassieren – zur Info: eine Baseballmannschaft besteht aus mindestens neun Spielern.

Konsequenterweise zog Zeller für die Saison beide Nachwuchsteams vom Spielbetrieb zurück. Die wenigen verbleibenden Jugend- und Juniorenspieler müssen sich jetzt also einen anderen Verein suchen, den Baseballhandschuh ganz an den Nagel hängen oder darauf hoffen, dass sie in der Bezirksligamannschaft unterkommen.

Von dieser Bezirksligamannschaft hängt jetzt das Überleben der Squirrels ab, macht
Vereinschef Martin Renz deutlich. Er sei allerdings zuversichtlich, dass sich genügend
Spieler finden. Auch der frühere Coach Hans-Jörg Stern habe grundsätzlich seine
Bereitschaft signalisiert, wieder ein Team trainieren zu wollen. Grund zur Hoffnung
geben zwei weitere Teams, die zu dem Baseball-Club gehören: eine sehr ambitionierte
und zudem mitgliedsstarke Freizeit-Softballmannschaft mit dem Namen „Shit Happens“ und ein Mixed Fast-Pitch-Team, das in einer eigenen Liga gegen Teams aus
Tübingen, Karlsruhe, Mannheim und Göppingen antritt.

Anfänger-Team soll Anlaufstelle für Baseball-Nachwuchs werden

In beiden Softball- Teams tummeln sich ehemalige aktive Baseballspieler und dazu noch einige Talente, die in Deutschland noch nie in einer Ligamannschaft gespielt haben. Mit etwas gutem Willen aller Beteiligten wäre die Rettung des Vereins also durchaus möglich.

Allerdings bleibt die Frage, woher der Nachwuchs kommen soll, damit der Verein
auch längerfristig planen kann. Eine so genannte T-Ball-Mannschaft soll deshalb
künftig Anlaufstelle für ganz kleine Keulenschwinger werden. Bei dieser kindgerechten
Variante des Sports müssen die jungen Spieler noch keine Pitches (geworfene Bälle)
treffen, sondern schlagen einen vergleichsweise weichen Ball von einer kleinen Ständerplattform in Form eines umgedrehten Ts – daher auch der Name T-Ball. Ob so eine Nachwuchsmannschaft zustandekommt und wer diese trainieren soll, ist bislang aber noch unklar.

Die Squirrels werden also weiter strampeln müssen, um sich aus dieser Krise  herauszumanövrieren. Wie heißt es so schön? Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.

Datum: 16.04.2018
Autor: Squirrels